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Warum WIR die Fotografie (nicht) ins Verderben stürzen.
Botic
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Tuesday, 11. August 2009
Bei Fotografentreffen hört man immer wieder vom bösen User-Generated-Content, billigen Fotoeinkäufen von Verlagen, der Angst von Micro-Stock-Diensten und überhaupt den bösen Fotoklauern im Internet. Diese Angst spiegelt sich auch im letzten Spiegel-Aufmacher „Netz ohne Gesetz – Warum das Internet neue Regeln braucht“ wider, wo wohl der Autor etwas von dieser Einstellung nach außen trägt. Aber sind das Netz und die breite Masse wirklich Konkurrenten für professionelle Fotografen und Agenturen? Ja. Agenturen mit einem Fokus auf Stockfotos und Paparazzi-Tätigkeit werden aussterben. Wunderbar, oder? Die Allgemeinheit erlediget das mit mehr Begeisterung, intimeren Schnappschüssen und vor allem aufmerksamer als jeder Promi-Stalker das je erledigen könnte. Billiger sind sie natürlich auch, schließlich lässt sich Hänschen mit 50 Euro pro Bild abspeisen, während Hans (Paul) davon nicht mehr leben kann. Ja. Der stinknormale Hochzeitsfotograf wird in ein paar Jahren ausgedient haben. Daran glaube ich fest, da ich es bei meiner eigenen Familie und bei Freunden erkenne. Ein Fremder kann nie derart nahe am Geschehen sein, wie jemand, den man seit Jahren kennt und zu dem man Vertrauen aufgebaut hat. Jeder Freund wird eine digitale Kompaktkamera dabei haben, die den Job erledigt. Eine Fotoamateur unter den Besuchern der Hochzeit findet sich auch immer häufiger und angesichts der Bedeutung seiner Fotos ist der auch meistens übermotiviert bei der Sache. Und aus den 2.000 Fotos, die all die Freunde dann auf Flickr, Facebook oder sonst wo hochladen, werden sich schon 30 gute Aufnahmen für das Hochzeitsalbum finden. Die Intimität der Fotos und die Tatsache, dass ein Freund dieses Foto geschossen hat, sind meiner Meinung wichtiger als die professionelle, meist aalglatte Umsetzung eines klassischen Fotografen. Vielleicht noch das Gruppenfoto plus ein paar Portraits, aber dann ist die Sache für den Profi schon gegessen. Ja. Fotografen, die Angst davor haben, ihre Werke auf Facebook, Flickr oder auf die eigene Seite ins Netz stellen, haben Angst vor der eigenen Kundschaft. Jemand, der dein Foto von Facebook lädt und dann ausdruckt, der wird nicht mehr dein Kunde werden. Der will nichts von dir außer 2 Minuten auf dein Foto glotzen. Spätestens wenn du den 20. Kopierer abmahnst, wird dein Name irgendwo aufscheinen und du für immer als der Bösewicht, der Spielverderber, dastehen. Ein dämliches Copyright-Wasserzeichen über das Bild gemalt nutzt auch wenig, das geht ohne Probleme raus und mit ein bisschen Photoshop erkennt man die Veränderung nicht einmal. Gebt den Leuten Zugang zu euren Fotos, lasst sie kommentieren, lasst sie an ihnen teilhaben. Creative Commons ein ein wunderbarer Weg dafür, wenn man vorher klarstellt, was für einen persönlich kommerzielle Nutzung ist und damit von vorne herein abklärt, was mit seinen Fotos gemacht werden darf. Nein. Fotografie such sich immer neue Orte und Wege, um ihre Existenz zu sichern. In letzter Zeit beginnt eine Annäherung des Museums an die Fotografie, ein gutes Beispiel hierfür ist Taryn Simon. Sie spricht offen aus, nur für das Museum zu fotografieren und nicht für die Presse, auch wenn ihre Fotos im ersten Moment sehr an dokumentierende Fotografie erinnern und auch durchaus ihren Weg in Magazine gefunden hätten. In Wien stellt man gerade Fashion-Street-Photography aus, obwohl die ja eigentlich in Blogs stattfindet. Natürlich war Fotografie schon seit langem eine Facette der Museumskultur, allerdings verstärkt sich diese Entwicklung. Kleine Galerien am Land, in städtischen Banken, in kleinen Kulturinstitutionen stellen immer mehr Fotografie aus und auch die Gesellschaft akzeptiert Fotografie immer mehr als Kunstform. Ein guter Indikator dafür ist der berühmte Satz „Was soll das? Das kann ich doch auch!“. Nein. Jeder Handwerker, der wirklich gutes Geld verdienen will, muss dafür auch etwas Außergewöhnliches bieten. Sei es nun der Service, die angewandten Methoden oder die hohe Qualität des Produkts. Das Fundament der Fotografie ist und bleibt ein Handwerk, das jeder erlernen kann. Man muss nur daraus etwas machen. Jeder Fotograf, der jammert, sollte kurz an seinen letzten Ikea-Besuch denken. Da schaff selbst ich ein Bücherregal zu montieren. Nur erkennt man sofort eine Wohnung mit Ikea-Möbeln, da ist wenig Individualität möglich und die Qualität ist auch nicht immer das Wahre. Stereotype Bilder sind kein Geschäftsmodell mehr. Jason Salomons „These are the momements of your life“ zeigt dies ganz deutlich. Nein. Was die Musikindustrie besonders deutlich zu spüren bekommt, findet in jedem digitalisierbaren Medium statt. Jammern bringt nichts, analoge Technik stirbt langsam, aber stetig, aus. Die Musikindustrie hatte weniger Zeit als die Fotografen und Fotoagenturen, darum sollten diese nicht die gleichen Fehler noch einmal machen. DRM-geschützte Musik nervt. DRM-geschützte Fotos würden das auch. Was denkt ihr? Mich würde eure Meinung interessieren! Entweder in den Kommentaren, via Facebook oder stinknormal per Mail. Liege ich falsch, stelle ich die falschen Thesen auf? Was sind eure Wege? Schließlich müssen viele ihren Lebensunterhalt mit Fotografie bestreiten und ich kann das schreiben, was ich mir denke, ohne Rücksicht auf die persönliche Situation. ... Comment
StefanL, 8/12/09, 7:27 PM
als erstes einmal meinung zu 2 punkten
I. Ziemlich guter Artikel. a) Nein. Jeder Handwerker, der wirklich gutes Geld verdienen will, muss dafür auch etwas Außergewöhnliches bieten. Das war nicht immer so. Früher gab es zu recht viele Handwerke, die gewöhnliche Sachen produzierten und anboten. Das war ok, weil das die Bedeutung von gewöhnlich ist. Heute ist der Handwerker selbst etwas Außergewöhnliches, weil die gewöhnlichen Produkte von Designern designt und von Maschinen mit geringer weiterer menschlicher Unterstützung produziert werden. In dem Sinn stimmt der Absatz. Es lässt halt wenig Platz im Handwerk für durchschnittlich talentierte Menschen. Mal sehen. b) Ja. Der stinknormale Hochzeitsfotograf wird in ein paar Jahren ausgedient haben. Beide Punkte betreffen jetzt nur einen Teil der Profi- und Semiprofi-Fotografie. Das und die Frage ob "Provinzmedien" überleben können, ist ja auch das Thema der aktuellen Profimedienproduzenten-Debatte. Ein schöner Teil von diesen ist zu schlecht und zu teuer, d.h. mit einem schlechten Preis-Leistungsverhältnis. Was aber die Digitalfotografie wirklich tun wird, ist noch nicht ganz heraußen. ... Link
Botic, 8/13/09, 7:51 PM
Es wird in Zukunft eben eng für die Fotografen, die ihre 0815-Portraits machen. Das traditionelle Klassenfoto verkommt ja auch schon zum Exoten. Vor 10-20 Jahren war es noch einfacher, sich als Fotograf selbstständig zu machen. Die kleinen Lokalblätter brauchten auch ihre 2 festen Fotografen, die immer die unterste Fußballliga ablichten. Heute erledigt das die NÖN äußerst professionell und vergibt bei 50% ihrer Fotos als Credit "zVg." - zur Verfügung gestellt. Das widerspricht zwar dem Recht, aber egal, denn selbst auf Nachfrage erhält man nur ein "jaja, vielleicht beim nächsten Mal" von der Redaktion. Die ganzen kleinen Lokalblätter werden von besseren Amateuren geführt, die gerade einmal aus irgendeiner FH entschlüpft sind und für die nackte Zahlen wichtiger sind als das Produkt. Sie füllen 2-3 Seiten mit schlechten Partyfotos, schrumpfen den Sport auf von den Vereinen selbst verfasste Meldungen zusammen und irgendwie schaffen sie es dann auch noch davon zu leben. Diese Einstellung überträgt sich natürlich auch ins Web, man braucht sich nur die ganzen Onlineauftritte ansehen. Vielleicht ist diese Entwicklung ja auch ein Grund, warum die oben erwähnte Abwanderung in Richtung Museum einsetzt. Dort kann man von Kuratoren und Besuchern noch ein gewisses Verständnis erwarten, während die Massenmedien sich immer weiter nach unten durch den Dreck wühlen. ... Link ... Comment |
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